27 Januar 2014

Von Moulay Bousselham bis Mohammedia

Diese Reise steht, im Gegensatz zur Marokko-Fahrt 2012, unter dem Motto: Ruhe, Erholung, Entspannung. Es reicht endlich einmal: Genug verspannt im Hier-und-Hetz soll mir Marokko 2014 Kraft, Gesundheit, Freude, Genuss, Luxus und beschauliche Betrachtung bieten.
 
 

Zum Luxus gehört, dass wir uns die gefährlichen, holprigen Landstraßen ersparen. Wir reisen auf den wunderbaren Autobahnen. Die kurze Etappe von Asilah nach Mouley Bousselham kostet für etwa 70 Kilometer etwa 3,60 Euro. Doch man betrachte die Sessel aus Marmor im Garten einer Autobahnraststätte. Den Luxus dieser Autobahnraststätten sucht man auf den meisten Campingplätzen vergeblich.


Die Erdbeersaison hat hier in Moulay Bousselham schon begonnen. Im Hintergrund schimmert unter dem blauen Himmel das Meer in dunklerem Blau.


Mein Bruder aus Dortmund fährt fast das gleiche Auto wie diesen Hymer von 1982 mit H-Kennzeichen. Mein Bruder scharrt schon mit den Hufen, um nach Marokko zu reisen.

 Der Wetterbericht aus Deutschland droht am Wochenende mit Frost bis zu 20 Grad unter Null. Zwar war unsere Nacht mit fünf Grad über Null auch nicht gerade warm. Doch am Tag hatten wir im Auto schon angenehme 30 Grad plus. Mima serviert Mittagessen im Freien. Es gab Mangold mit roter Beete, Salat, gebratener Banane, gepresster Orangensaft, Oliven - alles reichlich und fast schon wieder zu viel des Guten.

 Mima spült die Salatschüssel, Teller und Töpfe vom Mittagessen mit "Tri(e)nk-Wasser".

 
 
Manche Allrad-LKW-Piloten, die sich fern der Zivilisation in der Wüste treffen, ertragen kaum diese Ansammlung von "Tupperware". Doch die rüstigen Rentner, die sich hier an der Flamingo-Lagune von Moulay Bousselham erholen, sind glücklich über das schöne Wetter, die gute Kost, freie Zeit und erträglichere Preise als daheim. Manche waschen ihr Auto am Campingplatz, andere laden ihre Quads oder Mopeds aus den Ladeluken oder den Anhängern, manche kommen mit einem Wagen im Schlepp. Die meisten richten ihre Fernsehantennen auf Empfang. Mir macht das Internet und mein Blog-Bericht viel Spaß.
 
 
 Sand, Meer, Himmel, Einsamkeit, Ruhe, Entspannung: Moulay Bousselham am Feiertag-Freitag, den 24. Januar 2014
 
 
Moulay Bousselham erstrahlt vom Meer aus gesehen beim Licht der Nachmittagssonne in blau, weißen Farben. Zwei Hunde jagen sich im Sand. Idyllisch spielt ein Vater mit seinem Töchterchen. Die Druckkammerlautsprecher der Moschee schallen hinunter bis auf den Campingplatz. Fast hat mir der vertraute Gesang der Muezzin schon gefehlt. Hier leitet diese Stimme eine Stimmung von friedlicher Andacht ein. Die Menschen kommen zur Ruhe. Die überträgt sich angenehm auf mich. Für die Hitze schon im Januar und später im Jahr erscheinen mir mittlerweile fünfmalige Gebete eine heilsame Übung für die individuelle wie kollektive Gesinnungshygiene.
 
 
Die sonnige Wärme übt eine heilsame, ruhige Wirkung auf mein Gemüt aus.
 
 
Blick vom Stadtzentrum auf die Lagune. Hinter den Fischerbooten reihen sich die Wohnmobile wie Perlen an einer Schnur auf.
 
 
Ein weiterer Tag in Moulay Bousselham: Die Sonne schafft es nicht, die Wolken zu verdrängen. Also bleibt es bei etwa 15 Grad Celsius. Die Kinder spielen mit Murmeln. Beachtlich, wie die Handwerker aus Fliesenresten das Pflaster gestaltet haben.
 
 
 Der zweite, höher gelegene Campingplatz in Moulay Bousselham wirbt mit einem Schwimmbad.
 
 
In Moulay Bousselham fahren fast nur alte Daimler als Taxis. Alle Fahrzeuge sind in gelber Lackierung mit rotem Dach einheitlich erkennbar.
 
 
Dies opulente Mahl stand als "Couscous avec 7 legumes" auf der Karte. Wir bestellten es mit der ausdrücklichen Anforderung, ein vegetarisches Mahl ohne Fleisch und ohne Fisch zu bekommen. Der Kellner bejahte dies diensteifrig. Doch die überreichliche gefüllte Gemüseplatte enthielt dennoch Hühnchen-Teile. Auf unsere Beschwerden kam der Koch und Besitzer, der auch Deutsch sprach. Der Kellner behauptete weiter steif und fest: "Das ist kein Fleisch, pas de viande, c'est Poulet." Hühnchen sei, laut dieser Auskunft, eben kein Fleisch. Der Koch zog darauf hin das Hühnchen aus dem Gemüse, wir einigten uns auf einen Drittel geringeren Preis. Dass wir die aufgetragenen Mengen nicht schaffen konnten, versteht sich. Das Festmahl kostete uns mit zwei sättigenden, süßen Pfefferminztees etwa 12 Euro.
 
Da das Solarmodul kaum noch Strom für unsere Bord-Batterien erntet, haben wir das Auto zu einer Steckdose gefahren, die noch Strom hatte. Der Campingplatz soll unter den stürmischen Atlantikfluten vor etwa zwei, drei Wochen knietief unter Wasser gestanden haben. Wunderbarerweise funktionieren dennoch einige Steckdosen. Mein Voltmeter misst übrigens nur 140 statt der bei uns üblichen 220 Volt. Doch die Spannung reicht aus.
 
 
Während wir etwa eine Stunde auf unseren "Couscous mit sieben Gemüsen" warten, entlädt vor uns ein Lastwagen mit Gasflaschen seine Ladung. Wir bewundern die Artisten, welche die Gasflaschen durch die Luft schleudern. Der Mann oben fängt die Flaschen auf, welche sein Kollege unten ihm hoch katapultiert.
 
 
Die Fischer, welche mit ihren vorn hochgezogenen Kähnen auf dem welligen Atlantik ihrem gewagten Handwerk nachgehen, sind glücklich vom Meer heim gekehrt. Kunden feilschen und Möwen kreischen um die Beute.
 
 SPIEGEL Online, kurz SPON, kommt gut über das Internet von Maroc Telecom. Die abendliche TV-Sendung brach allerdings nach etwa einer Stunde ab, nachdem wir 360 MByte empfangen hatten.
 
 
 Der Campingplatz La Chenaie (N34 15.390 W06 34.010) in Kenitra ist voll gepackt mit "Weißware".
 
 
Das Schwimmbad ist im Winter geschlossen, obwohl Mittags das Thermometer sich bei 25 Grad einpendelt. Im Hintergrund erhebt sich das Minarett der Moschee.
 
 
Die Läden quellen über von Waren. In dieser Straße haben sich die Händler auf Damenkleidung spezialisiert.
 
 
Es ist zu vermuten, dass der Händler Stunden um Stunden bei seiner Ware wacht, bis sich ein Käufer findet. Viele Produkte kommen aus China.
 
 
 Dieser Dienstleister wäscht parkende Autos am Straßenrand. Weitere Erforschungen im bunt asiatisch-arabischen Stadtgetriebe wollen wir uns nicht zumuten. Wir genießen die Ruhe auf dem Campingplatz, den eine mehr als zwei Meter hohe Mauer umschließt. Die Mauerkrone ist mit Glasscherben gespickt. Auf der Mauer steht nochmal ein etwa 1,50 Meter hoher Zaun, dessen drei abschließende Stacheldrahtreihen nach außen zeigen.
 
 
Der Abendspaziergang durch diese verwirrende asiatisch-arabische Welt zehrt an den Nerven. Die Menschen gehen in der Enge zwar sehr vorsichtig und rücksichtsvoll aneinander vorbei. Dennoch muss man dauernd genau den Boden beachten, weil man über Steine, Löcher, Nässe und andere Unregelmäßigkeiten leicht zu stolpern droht. Dazu drängen sich Fahrzeuge durch die dichte Menschenmenge. Ein weiteres Augenmerk muss man als Tourist darauf richten, seine sieben Sache beieinander zu halten.  Bettler mit erschreckenden Missbildungen versuchen, Dich in ihren Bann zu ziehen und zu einer milden Gabe zu drängen. Angenehm in Kenitra ist hingegen, dass sich keiner der Händler um uns als Touristen kümmert. Nach einigen durchwanderten Gassen haben wir die Orientierung verloren. Doch nach zwei, drei Auskünften von hilfreichen Menschen finden wir zur Moschee zurück, hinter der in geringer Entfernung der Campingplatz liegt.
 
 
Mit großer Liebe und Mühe breiten die Händler ihre Waren aus. Oliven und andere schmackhafte sauer eingelegte Gurken, Zwiebeln und Peperoni sind für unsere Euros sehr preiswert. Das Marjane-Kaufhaus bietet alle Waren unter einem Dach. In den Straßen aber handeln Hunderte von Menschen. Marjane jedoch verkauft auch Wein und Bier, was mir in den Straßen noch nicht aufgefallen ist.
 
Wer nur einen Augenblick aus seiner Mitte fällt, einen Augenblick nur nervös oder angespannt wird, für den wird das Gedränge an Autos und Fußgänger schnell unerträglich. Noch strengen mich meine ersten Geh- und Fahrversuche in Marokko recht an. Nach einiger Zeit erleichtert mir Routine das Fortkommen im Land. Eins ist sicher: Daheim im Sessel am Abend seinen Wein beim Fernsehen zu schlürfen, kostet weitaus weniger Energie und Anstrengung.
 
 
Medhiya Plage: Das Wetter war wie vor bei meinem Besuch vor zwei Jahren. Wir wollten eine leichte Fahrt von 20 Kilometern bis zu diesem Strand bei Kenitra wählen. Nur war der Campingplatz, der mir vor zwei Jahren Freude gemacht hatte, einer Großbaustelle gewichen. Jetzt werden dort Wohnparks hochgezogen. Doch es ist früh genug, um ein neues Ziel aufzusuchen. Wir wählen einen Platz 86 Kilometer weiter bei Mohammedia. Allerdings führt uns der Weg zunächst über Landstraßen am Meer entlang. Dort fahren wir sehr ruhig durch die wunderbar begrünte Küste. Dann jedoch nähern wie uns dem Großstadt-Verkehr von Rabat.
 
 
An einer roten Ampel gelingt es mir, aus dem kurz geöffneten Fenster ein Bild vom Straßenchaos zu gewinnen. Die Moschee im Hintergrund strahlt majestätische Ruhe aus. Davor brodelt, hupt es, Fußgänger stürzen sich zwischen die vorbeiflutenden Autos, kehren Dir dabei voller Gottvertrauen den Rücken zu, jede kleinste Lücke vor mir füllen sofort Fahrzeuge, Mopeds, sämtlich ohne Kennzeichen, rauschen im Zentimeterabstand links und rechts an der "Walkuh" vorüber, Polizistenpfeifen zerreißen mit schrillem, hohen Ton das dumpfe Brodeln der Autos, Busse eines chinesischen Herstellers mit zersprungener Heckscheibe, verbeulten Stoßstangen halten vor mir, um Fahrgäste aussteigen zu lassen und aufzunehmen, manch Hund streunt wie verloren durch das Gewühl, doch das größte aller Wunder ist, irgendwann unbeschadet wieder freie Fahrt über die Landstraße zu gewinnen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung von 40 km/h erhöht sich auf 60 km/h.
 
Das Wrack auf der Ladefläche zeugt von einem schrecklichen Unfall.
 
 
 Zu meinen festen Reiseritualen in Marokko gehört der gelegentliche Verzehr von einem Käse-Omelett. Der Preis von zwei Euro lässt sich bei dem zuvorkommenden Service verschmerzen.
 
Der Campingplatz Said bei Mohammedia hat mich schon vor zwei Jahren begeistert. Nur wenige hundert Meter vom Strand entfernt, gibt es dort Ruhe, Strom, passable Sanitär-Anlagen und eine freundliche Managerin in diesem Familienbetrieb. (N 33° 43.544 W 07° 20.200)
 
Die Pflanzen überwuchern die Grabsteine an diesem Friedhof, der den Meeresblick durch die hohe Mauer verwehrt.
 
In dieser Hütte lebte vor zwei Jahren ein "Rastaman" in warmer Frühlingssonne. Diesmal, etwa zwei Monate früher, scheint der Rastaman in Winterferien zu sein. Nur der Hund hält Wacht, hebt aber nur müde sein Haupt.
 
Diese Schatzsucher mit Metallsuchgerät sieht man häufig am Strand. Das Geschäft scheint noch mühsamer als das der Angler. Die Surfer in der Brandung sind zwar auf dem Bild nicht mehr zu erkennen. Doch es gab zahlreiche Männer, die in der frischen Brandung auf ihren Brettern kunstvoll balancierten.
 
 

Ein Wall aus Tonnen dient der Ufermauer als Fundament.
 
Die Gischt bricht sich an der Steilküste. Auf den Steinen davor entstehen wieder neue Wohnparks. Was einen Straßenzug weiter vor zwei Jahren als mehrstöckige Wohnanlagen im Rohbau stand, ist mittlerweile vollendet.
 
Dies sind also die nächsten Bauprojekte, die nunmehr auf zahlungskräftige Kunden warten.
 



Ein paar Kilometer weiter findet man auch noch Altbauten am Meer, wobei das alte Gemäuer ein betonierter Wall schützt.
 
 
 
Dieser Club mit Disko, Bar und Restaurant liegt noch in tiefem Winterschlaf.
 
 
Der alte Wagen - vermutlich ein unverwüstlicher Bedford - glänzt in neuem Lack. Leider leuchten die Farben unter dem bedeckten Winterhimmel nur sehr schwach. Doch selbst am Abend bleibt es bei tröpfelndem Regen noch 14 Grad warm.
 
Wegen der schier unendlich langen Motorhaube Platz muss die Lademulde auf etwa ein, zwei Meter Stauraum verzichten. Doch dafür hat dieses Auto noch eine richtige Schnauze, ein Gesicht mit zwei Lampenaugen. Einfach ein schönes Stück früher industrieller Ingenieurskunst.
 
Mechaniker-Meister warten Zweiräder. Der Moped Motor erleidet einen schwereren Eingriff. Der Fahrradreifen rechts bekommt einen Flicken.
 
 
 
Bei meiner Arbeit an E-Mails mit Freunden und bei SPON röhrt der schwere MAN-15-Tonner mit 2,55 Meter Breite auf den kleinen Platz Said. Unsere Freunde Rainer und Beate sind eingetroffen. Das Fahrzeug mit drei angetriebenen Achsen übertrifft alle Fernreise-Mobile, welche bislang unseren Weg kreuzten. Mehr davon im nächsten Bericht.
 
 

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